20. April 2024

David Gilman: Legenden des Krieges

So. ich lasse es raus: Ich lese gerne historische Schwert – und – Schild – Geschichten. Ich nehme an, dass eine Jugend, die ich mit zahlreichen Robin Hood-, Artus-, Tafelrunde-, diverse Schwarze Ritter- usw. Filmen“in schwarz – weißem Fernsehen verbracht habe, gewisse Vorlieben befördert hat.

Nun habe ich „Das blutige Schwert“, den ersten Teil der Legenden des Krieges von David Gilman gelesen. Den Hintergrund dieses auf mehrere Bände angelegten Epos bildet der Hundertjährige Krieg.

Der Hundertjährige Krieg (französisch: La guerre de Cent Ans, englisch: Hundred Years’ War) wurde in der Zeit von 1337 bis 1453 betrieben. In dieser Zeit herrschte ein dauernder hin und her – walzender Krieg zwischen den Königshäusern Englands und Frankreichs, der begleitet wurde von vielen innerstaatlichen Konflikten wie zum Beispiel dem  französischen Bürgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons (1410 bis 1419).

Die andauernden Kämpfe waren bestimmt von lehensrechtlichen Streitigkeiten um die Besitzungen und die Rolle der englischen Könige als Herzöge von Aquitanien im Königreich Frankreich, der sich daran anschließende Streit um die Thronfolge in Frankreich zwischen dem englischen König Eduard III. (Haus Plantagenet, womit wir wieder bei Artus usw. wären …) und dem französischen König Philippe VI. (Haus Valois) sowie ein innerfranzösischer Konflikt um Macht und Einfluss zwischen den Parteien der Armagnacs und der Bourguignons (überwiegend erstgradig miteinander Verwandte, die dem Grunde nach auch anders hätten agieren können …).

Gerade die Situationen der verarmten Bevölkerungen mit kaum wahrzunehmenden Aufstiegsmöglichkeiten, hohe Sterblichkeiten, das entstehende Rittertum, das sogenannte Mittelalter haben schon viele Schriftsteller die Federn wetzen lassen, um Rittergeschichten zu erfinden.

David Gilman hält sich, so kann im Nachwort nachgelesen werden, eng an historische Belege. Wer gerne nachlesen möchte, findet ein kleines Quellenverzeichnis. Hier wird spätestens deutlich, dass Gilman sich nicht nur an historische Fakten hält, was die politischen Vorgänge angeht, er verwendet ebenso Quellen zu den militärischen und zivilen Vorgängen der Zeit.

Auf diesem Teppich aus historisch belegbaren Fakten entwickelt Gilman die Geschichte des Thomas Blackstone. Dieser ist Freisasse und, nachdem sein jüngerer Bruder und Mündel einen Mord verübt haben soll, in Gefahr, am Galgen zu enden. Blackstone und seinem Bruder bleibt die Flucht nach vorne. Sie schließen sich als Bogenschützen dem Heer König Eduards, dem III. und seines Sohnes Edward an.

Die englischen (Lang -) Bogenschützen waren die besondere Waffeneinheiten der damaligen europäischen Kriegsführung: Bogenschützen schossen weiter als französische Armbrustschützen und sie schossen wesentlich schneller. Entsprechend waren gute Bogenschützen außerordentlich wertvoll für das englische Heer.

Wie es manchmal so ist, erhält der absolute Underdog Thomas Blackstone die Gelegenheit, sich seinen Herren positiv zu präsentieren. Mit klugen Entscheidungen und entschiedenem Auftreten schafft es Blackstone, eine schwierige Situation zu entschärfen und Menschenleben zu schützen. Im weiteren Verlauf wird Blackstone nicht nur an Worten und Taten beweisen, dass er über größere Qualitäten verfügt, die nicht nur für dem englischen Königshaus zum Vorteil gereichen könnten.

Gilman hat mich in seiner Geschichte sofort gefangen. Er entwirft ein großes Gemälde einer Zeit, aus dem der Begriff des finsteren Mittelalters genauso hervor sticht, wie das Vorbild- aber auch Dünkelhafte des Rittertums. Gilman schafft es, in einer mehrdimensionale Geschichte mit umfangreichen Wortschatz Spannung zu erzeugen und zu halten.

Unter anderem schafft er das dadurch, dass er Charaktere mehrschichtig anlegt und Voraussehbarkeiten weitgehend vermeidet. Dass Thomas Blackstone den ersten Band und vermutlich auch den zweiten überleben wird, nahm ich schon früh an, da die Reihe auf drei Bände angelegt ist. 😉

Interessant sind die Schilderungen der weitläufigen europäischen Zusammenhänge, Erläuterungen der Verhältnisse von Ruhm und Ehre und der Dünkelhaftigkeit, die sich aus Geburtsrechten ergab. Vor diesem Hintergrund wird die völlige Zufälligkeit nationaler Zugehörigkeit und der erblichen Besitzstände des Hochadels deutlich, auf dem sich noch heute Menschen ausruhen.

Ganz davon abgesehen werden Schlachten geschlagen, es wird viel gekämpft und natürlich feindselige und liebevolle Dialoge geführt.

Mir hat´s gut gefallen. Ich freue mich schon auf Band II.

 

David Gilman

Legenden des Krieges

rororo / Rowohlt

ISBN: 978-3-499-29076-3

übersetzt von: Anja Schünemann

Teile diesen Beitrag.
Über Klaus Daniel 183 Artikel
Aufgewachsen bin ich mit Karl May. Tom Sawyer war ein Held meiner Kindheit. In Onkel Toms Hütte wollte ich einmal leben. Mein Hund sollte Jerry heißen. Ohne zu Lesen geht es nicht. Dabei ist kein Genre ausgeschlossen. Ich liebe Geschichten mit Happy End.