19. März 2024

Inside Saw – Hinter den Kulissen eines Filmgenres


„Inside Saw“ heißt das neueste Buch, das wir bei BKT vorstellen wollen. Filmographien hatten wir noch nie und eigentlich handelt es sich bei diesem Buch auch nicht um eine solche – obwohl man das denken könnte. Doch dies ist viel mehr als ein Buch zum Film. Es ist ein eigenes Genre, welches Tobias Hohmann, der Autor von „Inside Saw“, in den letzten Jahren entscheidend mitgeprägt hat.

Es wird nur einen Bruchteil interessieren, was ich über einen Film denke, daher spielt das in meinen Büchern keine Rolle. Es geht immer um einen distanzierten und möglichst objektiven Blick auf eine Reihe oder ein Schaffenswerk. Und dabei soll das Ganze leicht und locker zu lesen sein, gleichzeitig aber alle relevanten Fakten liefern…

Wer sich mit Inside Saw beschäftigt – und das kann auch jeder Nichtfilmfan bedenkenlos tun – , bemerkt, mit wie viel Akribie und Liebe zum Detail Tobias Hohmann eine Welt beleuchtet, die dem normalen Zuschauer verschlossen bleibt. Inside Saw bietet ausführliche Informationen zu jedem der bislang erschienenen Filme. Nicht ganz ungelegen wird das Erscheinungsdatum des Buchs mit dem Anlaufdatum des neunten Teils der Serie („Saw: Spiral“) im Kino nahezu übereinstimmen. Nun eine Aneinanderreihung von Filmrezensionen zu erwarten, ist jedoch genauso falsch, wie an ein Auto mit viereckigen Rädern zu denken. Jeder Film – und das wird beim Lesen dieses oder anderer Bücher von Tobias Hohmann bewusst – hat eine ganz eigene Geschichte. Von der ersten Idee zu einer verfilmbaren Geschichte, über die Suche nach jemandem, der das produziert (und zwar möglichst ohne die Idee komplett zu verfälschen) und der anschließenden Umsetzung trotz Widrigkeiten eines niedrigen Budgets oder eines sehr eingeschränkten Filmsets, bietet dieses Buch Einblicke und Hintergründe.

Der Versuch, „Inside Saw“ auf die Beschreibung eines oder mehrere Kinofilme zu reduzieren, muss scheitern. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass nicht nur die Filme behandelt werden, sondern gleich acht ausführliche Interviews sowie ein Ausblick beigefügt sind. Das Lesen dieses Buches führt unweigerlich dazu, dass man ins „Saw-Universum“ eingezogen wird. Zumindest bei mir, der ich kein besonderer Fan dieses Filmgenres bin, ist das Bedürfnis geweckt worden, mir die Filme sozusagen zum Buch anzuschauen – was ich ohnehin für die richtige Reihenfolge halte.

Tobias Hohmann erweist sich als Autor, der es versteht, sich im Hintergrund zu halten. Es ist angenehm, seinem sachlichen Schreibstil zu folgen und sich unaufgeregt durch die Fakten des Saw-Universums zu lesen.

In der Retrospektive ist es kaum vorstellbar, aber obwohl SAW das Horror – Genre für immer verändert hat und heute als moderner Klassiker gilt, war die Realisierung des Films äußerst kompliziert. Faktisch stand das Projekt gleich mehrfach vor dem Aus, und es dauerte buchstäblich Jahre, bis der Film tatsächlich umgesetzt werden konnte.

Wirklich besonders sind die vielen Informationen, das „zusätzliche“ Wissen, welches Hohmann vermittelt, ohne wie ein Fanboy oder Oberlehrer zu erscheinen. Der Blick in die potentielle Zukunft ist schon klasse, die acht sich anschließenden Interviews, die er persönlich geführt hat, sind einfach genial.

Wie zu Beginn des Artikels beschrieben, passt dieses Buch eher weniger in gängige Genres. Also habe ich mir gedacht, ich frage den Autoren selbst, wie er sein Buch beschreiben würde. Ein, zwei andere Fragen sind mir auch noch eingefallen, so dass wir ein längeres Interview führen konnten.

BKT: Wie würdest du selbst das Genre nennen, in dem du dich literarisch bewegst? Gab es ähnliche Bücher, die dich möglicherweise inspiriert haben?

TH: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Im Grunde habe ich mir im Laufe der Jahre mein eigenes Genre geschaffen. Ich war stets ein großer Filmfan und habe mich daher schon früh für die Entstehung von Filmen sowie deren filmhistorische Bedeutung interessiert. Als ich dann älter wurde, suchte ich entsprechende Literatur und störte mich immer daran, dass diese Sachbücher im Grunde in zwei Kategorien fielen: Entweder handelte es sich um nahezu wissenschaftliche Abhandlungen, die entsprechend schwierig zu lesen waren und in denen es hauptsächlich um eine Analyse ging, eine Interpretation im Vordergrund stand. Oder es waren Bücher, in denen die Filme überwiegend normal kritisiert wurden. Mich interessierte immer eher: Was passierte hinter den Kulissen? Warum wurde ein Projekt so oder so ausgerichtet? Warum wurde der oder der Schauspieler verpflichtet? Wer sind die Macher im Hintergrund? Warum war ein Film so erfolgreich? Welche Bedeutung hat der Film oder die Reihe für das moderne Kino? Und aus dieser Sicht gehe ich auch die Bücher an. Dazu kommen Fakten auch am besten von denen, die dabei waren, so dass ich immer versuche, Verantwortliche für Interviews zu bekommen. Um auf den Kern der Frage zurückzukommen: Es sind natürlich Sachbücher, dabei aber eher konzipiert wie ein Bericht für ein Magazin. Nennen wir das Ganze doch einfach mal Sachbuch-Reportage.

BKT: Wie viele Bücher und Booklets hast du bereits geschrieben und wie bist du dazu gekommen?

TH: Ich war schon immer ein Filmnerd. In der Prä-Internet-Ära schrieb ich daher für Fanzines, die vielleicht mit einer Auflage von 150 Exemplaren gedruckt wurden. Als das Internet vieles einfacher machte, stieß ich auf das zu dieser Zeit recht große Filmforum www.bereitsgesehen.de und schrieb Reviews. Mit Anderen gründete ich die Seite www.bereitsgetestet.de. Da erweiterte ich das Spektrum ein wenig und fing an, Interviews zu organisieren. Mein erstes Interview war mit Eduardo Sanchez (Regisseur von BLAIR WITCH PROJECT) und das entwickelte sich dann immer weiter.

So um 2004/2005 herum beschloss ich, ein Special über meinen Lieblingsregisseur John Carpenter zu schreiben, erkannte jedoch schnell, dass das für eine Website so nicht funktionierte und konzipierte es als Buch, das ich kostenlos zum Download anbot. Das Feedback war hervorragend, und so wurde dann auch ein Verlag auf mich aufmerksam. Allerdings wollte der Verlag Carpenter nicht machen, sondern fragte, was ich mir stattdessen vorstellen könnte. Da ich großer Bud Spencer- und Terence Hill-Fan bin, schlug ich das Thema vor, und dann saß ich plötzlich mit dem Auftrag für ein Buch da und wusste erst einmal nicht, was ich machen sollte.

BKT: Wie ging es dann weiter?

TH: Auf Spencer /Hill folgte ein Buch über Sylvester Stallone, dann kam ein Werk über die alten Edgar- und Bryan-Edgar-Wallace-Filme, gefolgt von einem Buch über Dieter Hallervorden, an dem er selbst mitarbeitete. Ich schrieb ebenfalls über die „Zurück in die Zukunft“-Trilogie, verfasste ein Buch über Chuck Norris und natürlich über Clint Eastwood. Vergessen möchte ich nicht die Topfilm-Reihe, die die prägenden Kinojahre von 1975-1985 in jeweils einem Band aufgriff. Das war eine von mir konzipierte Magazin Reihe, auf die ich sehr stolz bin. Die Booklets aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, aber es müssten um die 30 Texte sein, die ich zu besonderen Filmeditionen wie „The Thing“ oder „Die Verurteilten“ beitragen durfte.

BKT: Welche deiner Bücher gefallen dir selbst am besten?

TH: Es ist immer schwer, sein eigenes „Werk“ zu bewerten. Aber das Spencer/Hill-Buch, das Werk über Hallervorden und das Eastwood-Mammutprojekt nehmen schon einen besonderen Stellenwert ein. Bei den Booklets sicherlich das zu „Psycho“ und „The Thing“.

BKT: Was denkst du zu Inside Saw?

TH: Ich war wirklich erstaunt, dass es kein Buch über diese Reihe gibt – wir reden immerhin über eines der erfolgreichsten Franchises der Horror-Filmhistorie. Es ist ein sehr detaillierter Blick hinter die Kulissen und gibt einen Einblick in die Entstehungsgeschichte aller Filme, zeigt die Probleme und Hürden auf, die auch aufgrund der jährlichen Erscheinungsweise auftraten. Außerdem: Das Buch wurde komplett unabhängig konzipiert, produziert und vermarktet – obwohl wir auch Angebote von Verlagen hatten. Doch wir wollten diesen unabhängigen, aber auch sicherlich riskanteren Weg ganz bewusst gehen. Unabhängig von der Qualität des Buches, da sollen die Leser*innen ihr Urteil fällen, ist es aber in meinen Augen definitiv ein kleiner Meilenstein im Independent-Selfpublishing-Segment.

„Inside Saw“ ist ab dem 16.09.2021 als Buch oder eBook bei der Buchhandlung Ihres Vertrauens erhältlich. Es besteht zudem die Möglichkeit über „Subversiv Media“ direkt beim Verlag weitere Informationen zu erhalten und vorzubestellen: https://www.subversiv-shop.de/p/inside-saw

 

 

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