Wilde und heldenhafte Freibeuter, Entdecker und Liebhaber der Weiten der Ozeane – wer nach den besonderen Legenden der Seefahrt – Literatur fragt, wird viele Namen nennen: Kapitän Nemo, Kapitän Ahab, Horatio Hornblower würden aufgerufen, oder Long John Silver – aber der Mare Verlag hat mich mit einem neuen großen Seefahrer bekannt gemacht.
Vilhelm Huurna ist ein Seekapitän. In seinem Dorf wird er geschätzt. Von den Hofherren wurde ihm versprochen, dass sie ein Schiff anschaffen würden, wenn er die Seefahrtschule beendet haben würde.
Und so kam es.
Petri Tamminen erzählt die Geschichte von dem Seekapitän aus Finnland, der über ein gutes Gespür für das Wetter und auch alles andere verfügt, was einen guten Kapitän ausmacht – nur leider kein Seeglück.
Und so begleiten wir Vilhelm Huurna auf seinen Seewegen und auch bei verschiedenen Schiffsbrüchen. Ich kann das hier so schreiben, ohne anderen Leser*innen die Spannung zu nehmen, um die Schiffsbrüche geht es nicht so sehr, denn dies ist die Geschichte von Vilhelm Huurna, dem Seekapitän, der, obwohl er Schiffbruch erleiden muss, der Mann ist, dem die Hofherren ihre Schiffe anvertrauen.
Warum Vilhelm Huurna so vertrauenswürdig ist, ist schnell geklärt: Weil er der Kapitän aus dem Dorf ist, ist Huurna der richtige Kapitän für sie.
Tamminen schreibt in einer klaren, schnörkellosen und sehr lakonischen Weise. Das führt dazu, dass die wunderbaren Sätze, aus denen viel Komik und ein großartiges Gefühl für Lebensweisheit scheinen, schnell überlesen werden können. Die Lakonie unterstreicht allerdings auch, dass die Huurna unter dem Zeichen des „Seepechs“ ereilenden Unglücke um so haarsträubender erscheinen, je mehr sie Huurna als gegeben hinnehmen kann.
Vilhelm Huurna erscheint oft als Beobachter seiner eigenen Geschichte, da erscheinen die Reflexionen seiner Erlebnisse wie durch eine zweite Brille besehen, die einerseits das Gesamtbild verwischen, andererseits die Details besonders fokussieren.
Mit dem Beziehungsleben mit Frauen klappt es oft nicht recht. Ob es an gegenseitigen Ansprüchen oder verpassten Gelegenheiten liegt, wird nicht recht klar. Ob es Huurna klar wurde?
Eigentlich ist die Geschichte von Vilhelm Huurna ein Schattenspiel für ihn selbst und auch für den Lesenden:
Huurna nimmt seine Pflichten wahr und erfüllt sie so gut er kann. Dies wird von den Menschen um ihn herum wahrgenommen und positiv erlebt. Huurna sieht sich am Ende als gescheitert, bevor er neue Bewertungen übernimmt – nämlich die von den Hofherren und den Menschen, die ihn um Rat fragen, obwohl er doch Schiffe verloren hat.
Der Meeresroman handelt vom Meer – aber noch mehr handelt er von Menschen, und hier können sicher viele Lesende Parallelen finden.
Tamminen schreibt hinreißend und hintergründig. Der Meeresroman ist ein Buch zum mehrmals Lesen und sicher keines zum Verleihen 😉
P.S.: Das Buch ist richtig schön mit zweifarbig geprägtem Einband, mit orangefarbenem Farbschnitt und Lesebändchen. Wunderbarer Mare Verlag.
Petri Tamminen