5. November 2024

Rache – Zwei Romane

„Rache: [von Emotionen geleitete] persönliche Vergeltung für eine als böse, besonders als persönlich erlittenes Unrecht empfundene Tat“ 

Im Comic Universum muss nicht lange gesucht werden, um die Rächer zu finden. Rächer – Geschichten finde ich interessant: Oft Underdogs, sind Rächer als Roman – Held*innen meist allein gegen viele unterwegs, erhalten Hilfe von Menschen, von denen sie sie nie erwartet hätten und müssen manchmal mehrmals aufstehen, um ihr Ziel zu erreichen. Als Leser stelle ich mich oft auf die Seite des Rächers/der Rächerin, weil sie schuldlos ins Gefecht gehen und das Gut – Böse Verhältnis geklärt ist.

Möglicherweise fielen mir die folgenden Bücher also wegen des Rachethemas direkt ins Auge, vielleicht war es aber auch die Aufmachung. Die Cover ähneln sich. Zurückhaltend gestaltet, überwiegt der Covertext. Nun also: Zwei Racheromane.

1. Die Rache der Polly McClusky:

Die elfjährige Polly McClusky ist schüchtern und eine Außenseiterin. Sie macht sich ihre Gedanken über die Welt die sie sich allerdings von anderen nicht anmerken lässt. Ihr Vater Nate ist im Knast, denkt sie, bis er an der Schule vor ihr steht. Gerade frisch aus dem Gefängnis gekommen, ist er zu Polly geeilt, weil er weiß, dass eine rassistische Gang ein Todesurteil über ihn und seine Familie verhängt hat.

Nate hatte sich vor der Vereinnahmung gewehrt, was zum Tod eines Gangmitglieds und dem Urteil gegen Nate und seine Familie führte.

Auf der Flucht vor den Mördern wird Nate seiner Tochter beibringen sich zu verteidigen und ihr helfen selbstbewusster zu werden. Polly wird sich an ihren Vater gewöhnen und ihm helfen einen Plan zu schmieden, wie sie den Gefahren auf ihrem Weg begegnen können. Nate wurde von seinem älteren Bruder zum Verbrecher ausgebildet. Von ihm hat er seine Tricks und sein Wissen über den Umgang mit anderen Gangstern gelernt. Von diesem Wissen wird er nun Polly einiges weitergeben mit dem Wissen, dass Polly nur überleben wird, wenn es Nate wirklich schafft, das Urteil aufzuheben.

Dazu nimmt Nate einen Kampf in einer staubigen, lebensfeindlichen Umgebung gegen das organisierte Verbrechen auf.

Jordan Harper schreibt knackhart und schafft eine staubige Neo – Wild – West – Atmosphäre aufzubauen, die die Sandkörner aus dem Buchh rollen lässt.

Die Rache der Polly McClusky beschreibt fesselnd und voller Action einen ungewöhnlichen Vater – Tochter Roadtrip. Dieser führt zu einer umfassenden Verwandlung sowohl von Polly als auch Nate. Dieser emotionale Plot verbirgt aber nicht das, was diesen Roman als heftigen Krimi ausweist: Rohe Sprache, Gewalttätigkeit und ein Umgang mit bösartigen Menschen.

Der Titel ist irreführend, denn es wird nicht gerächt, sondern ein umfangreicher Verteidigungsplan wird in die Tat umgesetzt. (Aber das wäre vermutlich kein guter Titel 😉

Dennoch: Knallhart, direkt und ohne diese Psychothrillerei. Der Krimi ist klasse.

2. Rache der Orphans

Rache der Orphans ist schon der dritte Teil einer Serie um Menschen, die in einem Programm der amerikanischen Regierung zu perfekten Mördern (was immer perfekte Mörder sind) ausgebildet werden. Wie der Titel schon sagt, sind diese ausgebildeten Killer Waisen (Orphans). Sie haben keine familiären Anbindungen, die sie ablenken oder weich machen oder, die sie gar vermissen könnten, wenn sie bei ihren Aufträgen auf der Strecke bleiben. Sie sind hervorragend ausgebildet.

Evan, ehemals Orphan X, ist ausgestiegen. Er ist nun der Nowwhere Man, der über eine Telefonnummer erreichbar ist, die Menschen, denen er geholfen hat an andere Hilfebedürftige weitergeben. Der Nowwhere Man hilft gegen Erpresser und Entführer und wendet dabei alles an, was er als Orphan gelernt hat.

Evan ist gegen den Wunsch seiner Vorgesetzten ausgestiegen und in Gefahr. Deswegen lebt er unter falschem Namen, versteckt und nur erreichbar über eine Telefonnummer.

Welche Überraschung, als Evans ehemaliger Ausbilder aus dem Orphan – Programm und väterlicher Freund anruft und Evan um Übernahme eines letzten Auftrages bittet. Evan soll ein letztes Rätsel lösen und ein Paket abholen. Es kommt zu einem Nerven aufreibenden Showdown zwischen Evan, dem Orphan X und den verbliebenen anderen Orphans, die eine weitschwifige Jagd auf ihn unternehmen.

Für Evan geht es nicht nur um sein eigenes Leben, sondern auch darum, Andere zu retten; fast im Vorbeigehen beschützt Evan eine Nachbarin vor einem gewalttätigen Partner, der Kampf gegen eine Rockerbande, mit dem er einen jungen Mann beschützen will, ist umfangreicher und gleicht einem militärischen Kriegsakt.Evan lässt nur widerwillig zu, dass sich die Wege von Joey, einer ausgemusterten Orphan und Mia, einer Nachbarin, die es geschafft hat, dem echten Evan emotional so nahe wie möglich zu kommen, kreuzen. Es wird immer deutlicher: Evan ist gezwungen die Gefahr durch die Orphan – Organisation, die Rückhalt in den höchsten Rängen der Administration genießen, ein für alle mal zu beenden.

Auch dieses Rachebuch hätte einen anderen Titel vertragen können, im Original heißt es Wild Entschlossen. Warum wohl Originaltitel nicht so gerne verwendet werden?

Wie auch immer: Evan als der Underdog ist eine Titelfigur, der ich trotz seiner Möglichkeit zum Skrupellosen stets die Daumen gedrückt hatte, sind doch „die Anderen“ wirklich sehr bösartig.

Gregg Hurwitz schreibt sehr geradlinig, seine Figuren sind klar ausdefiniert, der Krimi strotzt vor Spannung und Härte.  Die Geschichte gerät schnell in rasantes Tempo. Dumm, dass ich die ersten beiden Teile dieser Serie nicht gelesen habe, aber für das Verständnis dieser Story haben sie mir auch nicht gefehlt.

 

Die Rache der Polly McClusky

Ullstein Verlag

„She Rides Shotgun“

ISBN-13 9783550081507

 

Rache der Orphans

Gregg Hurwitz

Harper Collins Germany

„Hellbent“

ISBN: 9783959677806

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Über Klaus Daniel 186 Artikel
Aufgewachsen bin ich mit Karl May. Tom Sawyer war ein Held meiner Kindheit. In Onkel Toms Hütte wollte ich einmal leben. Mein Hund sollte Jerry heißen. Ohne zu Lesen geht es nicht. Dabei ist kein Genre ausgeschlossen. Ich liebe Geschichten mit Happy End.