19. März 2024

Reading english – Sportlerbiographien Part II

Vor einiger Zeit habe ich mich mit Sportlerbiographien auseinandergesetzt. Dabei war es mir wichtig, weniger populäre Menschen und Sportarten zu besprechen. So konnte ich mich in einem nicht so überfrachteten Bereich bewegen und tatsächlich „Neues“ erfahren.

Dieser Idee folgend, habe ich mir erneut zwei Biographien vorgenommen. Das Besondere dabei: Es handelt sich um zwei britische Sportler. Die Biographien sind auf deutsch nicht erhältlich, darum habe ich sie mir im englischsprachigen Original gegönnt. Dem Bereich des Randsports bin ich nur zum Teil treu geblieben. Stephen Hendry ist Snookerspieler, das passt in den Rahmen – Brian Clough jedoch ist eine Figur der wohl bekanntesten Sportart weltweit. Doch der Reihe nach…

Stephen Hendry ist Rekordweltmeister im Snooker. Sieben Mal triumphierte er im „Crucible Theater“ in Sheffield. Damit ist er Rekordweltmeister im professionellen Snooker. Eine Leistung, die man mitnichten belächeln sollte, denn Snooker ist spätestens seit den beginnenden 1990er Jahren ein extrem professioneller und vor allem gut dotierter Sport.

Stephen Hendry war professioneller Snooker-Spieler seit er 16 Jahre alt war. Im Jahr 1990 wurde er im Alter von 21 Jahren zum jüngsten Snooker-Weltmeister aller Zeiten, eine Marke, die bis heute besteht. Stephen Hendry ist Schotte, geboren in South Queensferry in bescheidenen Verhältnissen. Seine Leidenschaft für das Snookerspiel entwickelte sich, nachdem ihm sein Vater im Alter von 12 Jahren einen „Kinder-Snookertisch“ zu Weihnachten schenkte. Dieser, so beschreibt es Hendry in seiner Biographie, passte flächenmäßig zwar kaum in sein Kinderzimmer – doch fortan war er fasziniert von dem Spiel. Er spielte stundenlang, immer darauf fokussiert, die unterschiedlichen Farben in der richtigen Reihenfolge zu versenken. Ich mache an dieser Stelle keinen Ausflug in die Regeln und Ausmaße; nur so viel: Ein Snookertisch ist ziemlich groß und der Einlauf der Taschen hat kaum einen größeren Durchmesser als die Kugeln auf dem Tisch.

Neben seiner sportlichen Vita enthält das Buch einige persönliche Episoden aus Hendrys Leben. Bemerkenswert finde ich, dass das Buch nicht mit einer Heldengeschichte, sondern mit der Erzählung der finalen Niederlage Stephen Hendrys eröffnet. Denn trotz der vielen vorzuweisenden Erfolge nahm Hendrys Laufbahn ein eher unbefriedigendes Ende. 1999 gewann er noch einmal die Weltmeisterschaft, sein siebter Triumph und gleichzeitig sein letzter großer Titel. Sein letztes offizielles Turnier konnte er 2005 in Malta gewinnen. Bis zu seinem Karriereende vergingen sieben weitere Jahre, eher er am 01.05.2012 auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt bekannt gab.

Mit den letzten Matches vor seinem Rücktritt beginnt sein Buch. Während eines Qualifikationsspiels zur WM 2012 (schlimm genug, dass er sich dafür überhaupt qualifizieren musste) sitzt er in seiner Kabine und erkennt: „…my game is gone.“ Damit meint er, dass seine Fähigkeit zu Spielen abhanden gekommen sei. Keine neue Erkenntnis für Stephen Hendry. „Why, after a run of poor perfomances following my last World Championship win more than ten years previously am I still here…“. Diese Frage kann er nicht mehr beantworten und so trifft er seinen Entschluss mit dem Snookerspielen aufzuhören. Er schafft es zur WM und kommt dort sogar bis in Viertelfinale. Dieses verliert er jedoch in ernüchternder Weise mit 13 zu 2. Nach dem Match gibt er seinen Rücktritt bekannt.

The king oft he Crucible has well und truly lost his crown – and he couldn`t be more relieved.

Was folgt ist eine kurzweilige Erzählung über den frühen Aufstieg im Snookersport und den langsamen Abstieg. Eine kurzweilige Geschichte, die er sehr offen und wenig pathetisch erzählt. Mir hat es sehr gefallen.

Nun zu weniger Randsport. Brian Clough war ein erfolgreicher englischer Fußballspieler. Bekannter wurde er jedoch als Trainer. Die ersten Dinge, die ich über Brian Clough las und erfuhr, waren ein eigenes und ein Zitat der BBC. Laut der BBC ist Brian Clough der beste Trainer, den England – bezogen auf die Nationalmannschaft – niemals hatte (im Original: „The best manager England never had.“). Noch besser gefiel mir jedoch die Antwort, die Brian Clough einst parat hatte, als er gefragt wurde, ob er der beste Trainer der Welt gewesen sei.

I wouldn`t say, I was the best manager in the business – but I was in the top one

Diese Aussage erzählt tatsächlich sehr viel über Brian Clough. Clough kommt aus bescheidenen Verhältnissen. Der Fußball bot ihm die Möglichkeit, nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich aufzusteigen. Eine gewisse Abneigung gegenüber Obrigkeiten hat ihn dabei stets begleitet. Bescheidenheit und Demut hatte Brian Clough dagegen nicht im Repertoire.

Für so viel Selbstbewusstsein gibt es jedoch auch einen, eigentlich mehrere Gründe. Brian Cloughs Trainerkarriere dauerte von 1965 bis 1993. Seine erfolgreichste und bemerkenswerteste Zeit erlebte er zwischen 1968 und 1982.

Fußballwunder sind in unserer heutigen Sport-Popkultur etwas häufig Zitiertes. Selten verbindet man jedoch mehrere solcher Wunder mit der gleichen Person. Bei Brian Clough ist das anders. 1967 wechselte er mit seinem Co-Trainer Peter Taylor (der wäre einen eigenen Artikel wert…) zum ebenso unscheinbaren wie erfolglosen Fußballclub Derby County. Völlig überraschend schaffte er mit diesem Club den Aufstieg in die erste englische Liga – ein erstes kleines Wunder. Im Folgejahr etablierten Clough und Taylor den Club und in der Folgesaison nahm der Wahnsinn seinen Lauf.

Derby County wurde englischer Meister und gewann im Folgejahr beinahe den Europapokal – im Anschluss daran wurde Clough entlassen. Und das völlig zu Recht. Wie das passieren konnte, will ich hier nicht vorwegnehmen. Es war allerdings nicht hilfreich, dass Brian Clough Spieler verpflichtete ohne den Vorstand seines Vereins zu informieren und das auch dann tat, wenn die notwendigen Ablösesummern das Guthaben des Vereins überstiegen.

In Leeds, seiner nächsten Station, – Leeds war damals der erfolgreichste Verein Europas – blieb er nur 44 Tage. Bei seiner ersten Pressekonferenz beleidigte er seinen Vorgänger (der gerade zum englischen Nationaltrainer befördert worden war) und kritisierte die Art seiner Mannschaft Fußball zu spielen.

Weitere Wunder vollbrachte Clough wieder vereint mit seinem Co-Trainer Peter Taylor in Nottingham, einem weiteren Provinzverein, den er zum zweimaligen Europapokalsieger machte.

Es gibt so viele schöne Anekdoten über Brian Clough. Trotz der fehlenden Übersetzung lohnt es sich, sich damit auseinander zu setzen. Und so schließe ich mit einem Zitat.

Rome wasn`t built in a day. But I wasn`t on that particular job.      

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